Ermessenseinschätzung auch bei der Mehrwertsteuer zulässig

Jeder Mehrwertsteuerpflichtige muss seine Unterlagen zur Überprüfung der Steuer­zahlungen und des zulässigen Vorsteuerabzugs der Steuerverwaltung auf Ver­langen einreichen. Tut dies der Steuerpflichtige nicht oder liegen keine oder nur unvollständige Aufzeichnungen vor oder stimmen die ausgewiesenen Er­gebnisse mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht überein, so schätzt die Steuerverwaltung die Steuerforderung ein.

Vor Bundesgericht erschienen Restaurantbesitzer, die keine ordnungsgemässen Aufzeichnungen eingereicht hatten. Es bestand eine Differenz von rund CHF 50’000 zwischen der Mehrwertsteuerabrechnung (ca. CHF 150’000) und der Buchhaltung (ca. CHF 100’000). Der darauffolgenden Ermessenseinschätzung der Steuerverwaltung gab das Bundesgericht Recht.

Das Gericht argumentierte, dass wenn die aus der Buchführung resultierenden Ergebnisse, auch wenn sie formal ordnungsgemäss geführt werden, offensichtlich nicht der Wirklichkeit entsprechen, eine Einschätzung korrekt sei. Im konkreten Fall fehlte das Kassenbuch und das Kassenkonto wies einen negativen Saldo auf, obwohl dieses Konto logischerweise einen positiven Sollsaldo haben muss.

Wichtig für den Steuerpflichtigen: Den formellen Anforderungen an die Ge­schäfts­bücher ist Beachtung zu schenken. Zwar ist auch bei formell korrekten Aufzeichnungen eine Ermessenseinschätzung möglich, aber weniger wahr­scheinlich. Gerade bei bargeldintensiven Unternehmen ist bei «schlechten» Zah­len, bzw. unterdurchschnittlichen Margen die Gefahr einer Überprüfung und Ein­schätzung höher. Mit einer tadellosen Dokumentation lässt sich die Einschätzung am ehesten reduzieren. (Quelle: BGE 2C_885/2019 vom 5.3.2020)